Ein Gastbeitrag von Gerald Bacher vom Online-Ratgeber über teure Wollsorten EdlerZwirn // Im zweiten Teil unserer kleinen Miniserie wird es richtig exotisch. Hat man hierzulande vom in Teil 1 behandelten Yak schon mal gehört und zumindest eine vage Vorstellung, wo Yaks beheimtet sind, tauchen bei dem Wort „Quiviut“ doch eher Fragezeichen auf. Gerald erläutert die Besonderheiten der Faser und warum Quiviut (auch Qiviut) gemeinhin als das Gold der Arktis gilt.
Quiviut stammt vom Unterfell des Moschusochsen. Genau, richtig gelesen: Quiviut ist nicht, wie meistens, der Name des Tieres, von dem die Wolle stammt. In diesem Fall handelt es sich um eine Inuit-Bezeichnung: Quiviut bedeutet Flaum. Und dieser kommt eben von den eingangs genannten Moschusochsen aus der Arktis. Diese Tiere halten sich bevorzugt in besonders kalten Gebieten auf, wie etwa in Kanada, Grönland und Alaska. Die Moschusochsen ziehen in Herden von etwa 100 Mitgliedern umher, um sich in regnerischen Zeiten gegenseitig zu schützen – Feuchtigkeit haben sie nämlich gar nicht gern. Pro Jahr gibt es etwa 2,5 Kilogramm der besonderen Qiviut Wolle von ihnen. Nicht besonders viel, denn: sie sind extrem selten. Nur mehr knapp 4.000 Moschusochsen wandern noch auf unserer Erde umher.
Das Fell der Moschusochsen ist wirklich ungewöhnlich selten, und zwar 60.000 Mal seltener als Kaschmir! Warum es das Gold der Arktis genannt wird, ist ebenfalls ganz einfach: Quiviut ist 400 Mal seltener als Gold. Es wird oft mit dem Tragen einer Wolke verglichen, da Quiviut federleicht ist und auch unglaublich warm – etwa 8 Mal wärmer als Schafwolle.
Außerdem tragen diese Facts dazu bei, dass Quiviut unter Strickbegeisterten so beliebt ist:
Sogar in Deutschland gibt es kleinere Webereien, die Quiviut Wolle verarbeiten – ansonsten wird sie in Kanada, Grönland und Alaska produziert. Denn das deutsche Klima selbst ist alles andere als attraktiv für die Moschusochsen. Der viele Regen hier würde ihnen das Leben ganz schön unangenehm machen. Am beliebtesten sind Winterprodukte aus Quiviut Wolle – kein Wunder bei dem Wärmeeffekt – wie etwa Schals, Mützen, Pullover und Socken. Die Farbpalette reicht von mittel-bis dunkelbraun, Einfärben ist später auch möglich.
Doch Quiviut ist nicht umsonst eine der edelsten Wollsorten dieser Welt: es ist ungeheuer aufwändig, an die Wolle zu gelangen – denn die wird nicht geschoren, sondern mühsam gekämmt. Das Unterfell wird so vom gröberen Grannenhaar getrennt, und das geht auch nur ein einziges Mal im Jahr, nämlich im Frühling. Für 1 Kilogramm unverarbeiteter Wolle musst du deshalb schon mal 250€ parat haben: Quiviut ist eines der weltweit teuersten Garne. Dafür ist das Stricken das reinste Vergnügen!
Über Gerald Bacher // Der begeisterte Outdoor-Sportler Gerald Bacher berichtet auf seinem Online-Ratgeber über teure Wollsorten EdlerZwirn, von den edelsten Wollarten der Welt. Bei EdlerZwirn findet man zahlreiche Informationen über Produkte, Hersteller und Pflege von Merinowolle und Co. Außerdem informiert der Betreiber detailliert und unzensiert über das wichtige Thema Tierschutz. EdlerZwirn ist auch bei Facebook zu finden.
Quiviut ist wirklich sehr rar. Die Oomingmak Kooperative in Alaska machte die Quiviut Fasern bekannt und zu einem einzigartigen Souvenir für Touristen im hohen Norden. Die Kooperative gewinnt und verarbeitet seit den 60er Jahren die feine Unterwolle des Moschusochsen und verkauft die Produkte, um den Familien in der sehr strukturschwachen Region ein Einkommen zu sichern. Die Strickwaren werden in Heimarbeit hergestellt. Die Fasern selbst werden nicht verkauft, ebenso wenig wie die Garne für die feinen Strickarbeiten. Einzig ein Strickset aus dickem Garn ist zum selbst stricken verfügbar.
Moschusochsen werden mittlerweile jedoch auch an anderen Orten gehalten und machen den Bezug von Strickgarnen und Spinnfasern möglich. Donna Druchunas hat mit „Arctic Lace“ ein Buch über die Stricktradition der Arktis verfasst und listet auf ihrer Website Quellen für das Originalmaterial. Diese sind jedoch meist in den USA oder Canada angesiedelt. Meiner Erfahrung nach ist ein Überseekauf in der Regel möglich, jedoch sollte man mit etwas höheren Versandkosten rechnen und längere Lieferzeiten einkalkulieren. Bei den Preisen für dieses exklusive Material kommt man normalerweise auch ab der Abführung von Einfuhrumsatzsteuer beim Zoll nicht vorbei.
Im deutschsprachigen Raum ist mir als Anbieter lediglich der Onlineshop von Nature’s Luxury bekannt, der immerhin ein reines Qiviut Garn führt, und noch zwei Garne mit Seidenanteil.
Für Spinner ist es sicherlich ein Erlebnis, einmal mit den feinen Fasern des Moschusochsen zu arbeiten. Von der Art her unterscheidet sich das Spinnen nur wenig von der Verarbeitung anderer feiner Unterwolle, wie z.B. Kaschmir, Yak oder Babykamel. The Inconsequential Blogger zeigt die Vorbereitung und das Verspinnen von Quiviut Rohfasern. Ich persönlich würde auch hier wieder zum Verspinnen mit der Handspindel (Standspindel) raten.
Ein 25 g Strang reines Qiviut Garn mit 175 m Lauflänge für 65 EUR – ist es das wert? Diese Entscheidung muss sicherlich jeder selbst treffen. Vielleicht ein schönes Geschenk für den Stricker, der sonst schon alles probiert hat?! 😉 Ich selbst hatte diese Fasern auch noch nicht persönlich in der Hand, würde mir aber wahnsinnig gerne mal mein eigenes Quiviut Garn spinnen.
Happy knitting!
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Hier kann man das Garn auch kaufen:
http://www.sauerlandwolle.de
Der Inhaber ist eine kleine Spinnerei aus dem Hochsauerlandkreis
Danke für den Tipp!